Die Gemeinde Grabern im Jahr 1835

Wir haben es einem gewissen Herrn Franz Schweickhardt zu verdanken, dass wir ziemlich genau wissen, wie die Orte der heutigen Gemeinde Grabern rund um das Jahr 1835 ausgesehen haben.

Franz Schweickhardt (1794-1858), er selbst nannte sich Franz Schweickhardt, Ritter von Sickingen, ist ein Wiener Topograf und Landschaftsmaler. Unter dem Titel Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc veröffentlicht er zwischen 1831 und 1841 insgesamt 34 Bände, in denen ganz Niederösterreich (damals Österreich unter der Enns) detailreich beschrieben wird. Die Orte in den Bänden sind alphabetisch gereiht und nach Viertel geordnet. Sie heißen damals Viertel Ober-Manhardsberg (Waldviertel), Viertel Unter-Manhardsberg (Weinviertel), Viertel Ober-Wienerwald (Mostviertel), Viertel Unter-Wienerwald (Industrieviertel).

Schweickhardts Bücher dürften bald zum geschichtlichen Standardwerk gehören. Schöngraberns ehemaliger Pfarrer Karl Köstler, der die Pfarre von 1917 bis 1959 leitete, machte sich sogar die Mühe, das Kapitel über Schöngrabern aus dem 6. Band von Hand abzuschreiben.

Liste

1 nach Norden. Die Gegend um

2 Schöngrabern ist überaus an-

3 genehm; fruchtbare Korn- [und]

4 Weizenfelder, Wiesen und

5 Weingärten wechseln mit

6 Föhren- und jungen Eichenwä-

7 ldern ab, welche meistens der

8 Gemeinde gehören, und nach

9 Proportion an die

10 Hausbesitzer verteilt sind.

Der Verfasser des Berichtes, ein gewisser Wolfgang Lauer aus Hadersdorf am Kamp, maßt sich auch ein Urteil über die lokale Weinqualität an.

“Der Wein ist von geringerer Güte, wird aber reichlich gebaut.” [6. Band, S. 83]

Schöngraberns Nachbarort Windpassing kommt gleich um einiges besser weg.

“Die hiesigen Einwohner als Bauern sind gut bestiftet, und größtenteils ziemlich wohlhabend; sie haben auch Handwerker unter sich. Sie bauen besonders viel Weizen und Wein, der hier von besserer Güte ist, als in Schöngrabern.” [7. Band, S. 228]

Die Bewertung Mittergraberns fällt ebenfalls durchwachsen aus.

“Der hier wachsende Wein wird zu den mittelmäßigen Landweinen gezählt. Das Obst ist von ziemlicher Güte, Klima und Wasser aber der sumpfigen Lage wegen nicht am gesündesten.” [2. Band, S. 140]

Auch Obergrabern wird schlechtes Wasser und Klima zugeschrieben [vgl. 2. Band, S. 138]. In Ober-Steinabrunn wiederum liege in einem “wirklich romantischen Thale” und das Klima sei “vortrefflich und auch gutes Wasser vorhanden.” [6. Band, S. 221]

Es ist übrigens ein Glücksfall, dass diese Bücher aus dem frühen 19. Jahrhundert noch vorhanden sind, denn sie wären beinahe der Titelgeilheit von Franz Schweickhardt zum Opfer gefallen. Im Jahr 1835 wird er angezeigt, weil er einige Bücher unter dem Namen Franz Schweickhardt Reichsritter von Sickingen veröffentlicht hat. Als Strafe müssen alle Bücher, die als selbsternannter Ritter unter falschen Namen gedruckt wurden, wieder vernichtet werden. Das gigantische Werk hat aber trotzdem die Jahre überdauert.

Hier die Bücher zum Nachlesen

Schöngrabern (6. Band: Ronthal bis Schönborn. 1835, 298 S.)
Windpassing (7. Band: Sebarn bis Zwingendorf. 1835, 308, VII S.)
Mittergrabern (2. Band: Fatzihof bis Herrnlois. 1834, 320 S.)
Obergrabern (2. Band: Fatzihof bis Herrnlois. 1834, 320 S.)
Ober-Steinabrunn (6. Band: Ronthal bis Schönborn. 1835, 298 S.)

Quellen

• Schweickhardt, Franz (Hg., 1833-1835): Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc[etera] etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet, und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln alphabetisch gereiht. Viertel unterm Manhartsberg. Mechitharisten, Wien. 1833-1835, 2. Band: Fatzihof bis Herrnlois. Mit 2 Kupfern. 1834, 320 S.; 6. Band: Ronthal bis Schönborn. Mit 3 Kupfern. 1835, 298 S.; 7. Band: Sebarn bis Zwingendorf. Mit 3 Kupfern. 1835, 308, VII S.
• Müller, Reinhard (2009): Biografie Franz Schweickhardt. Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich. Karl-Franzens-Universität Graz. Online auf: http://agso.uni-graz.at/marienthal/biografien/schweickhardt_franz.htm [abgerufen am 25.1.2019]
• Wolf, Franz (1995): Schöngrabern im Wandel der Zeiten. Eigenverlag, Schöngrabern.